Präzise Messung der einzelnen Top-Quark-Produktion

Die großen Datensätze, die von LHC-Kollaborationen aufgezeichnet wurden, ermöglichen präzise Messungen der einzelnen Top-Quark-Produktion. So konnte die ATLAS-Kollaboration die bisher genaueste Messung der Produktion im sogenannten t-Kanal veröffentlichen. Dabei wurden sowohl inklusive als auch differentielle Wirkungsquerschnitte gemessen und das Verhältnis der Top-Quark- zur Antitop-Quark-Produktion bestimmt. Diese Messungen erlauben es, die theoretischen Vorhersagen mit hoher Präzision zu testen.


Die Produktion von einzelnen Top-Quarks ist möglich, wenn ein b-Quark und ein W-Boson miteinander wechselwirken. Sie kann verwendet werden, um das CKM-Matrixelement Vtb zu bestimmen, da es sich dabei um einen elektroschwachen Prozess handelt. In der jetzt veröffentlichten Analyse sind Wirkungsquerschnitte sowohl im gesamten als auch in einem eingeschränkten Phasenraum gemessen worden. Die inklusiven Messungen können leichter mit theoretischen Vorhersagen verglichen werden, während die Messungen in einem eingeschränkten Phasenraum kleinere systematische Fehler aufweisen, da sie nicht in den gesamten Phasenraum extrapoliert werden müssen.

In der veröffentlichten Analyse werden die gemessenen Wirkungsquerschnitte mit einer Reihe von theoretischen Vorhersagen konfrontiert, wie beispielhaft in Abbildung 1 gezeigt. Hier wird die Messung im gesamten Phasenraum mit den Vorhersagen von verschiedenen Simulationen sowie mit einer Rechnung nächstführender Ordnung verglichen.


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Abb. 1: Extrapolierte Wirkungsquerschnitte für den t-Kanal einzelner Top-Quark-Produktion im Vergleich zu verschiedenen Simulationen und Rechnungen in nächstführender Ordnung.


Das CKM-Matrixelement Vtb ist ein wichtiger Parameter im Standardmodell. Der in dieser Veröffentlichung bestimmte Wert von (1.04 ± 0.06) ist eine der genauesten Messungen, die bis jetzt gemacht worden sind. Das Verhältnis der Top-Quark- zur Antitop-Quark-Produktion ist abhängig von den u-Quark und d-Quark Partondichteverteilungen im Proton. Der gemessene Wert von 1.72 ± 0.09 ist niedriger als die naive Erwartung von 2, stimmt aber mit den meisten Vorhersagen überein.

Messungen von differentiellen Wirkungsquerschnitten erlauben detaillierte Studien des Produktionsmechanismus und wurden sowohl im gesamten als auch im eingeschränkten Phasenraum durchgeführt. Die Messungen im eingeschränkten Phasenraum sind dabei zum ersten Mal überhaupt vorgenommen worden. Ein Beispiel dieser Messungen ist in Abbildung 2 zu sehen.


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Abb. 2: Differentieller Wirkungsquerschnitt als Funktion des Transversalimpulses des Top-Quarks verglichen mit den Vorhersagen verschiedener Simulationen.


Die Analyse wurde an den Universitäten Wuppertal (Phillipp Tepel, Dr. Dominic Hirschbühl, Prof. Wolfgang Wagner) und Bonn (Pienpen Seema, Prof. Ian Brock) durchgeführt. Sie ist nun in Eur. Phys. J. C 77 (2017) 531 (DOI: 10.1140/epjc/s10052-017-5061-9) veröffentlicht worden. Eine Abbildung aus der Veröffentlichung bildet das Deckblatt der Ausgabe August 2017 des Journals.



Kontakt:
Prof. Dr. Ian Brock, brock@physik.uni-bonn.de
Prof. Dr. Wolfgang Wagner, wagner@uni-wuppertal.de
Prof. Dr. Hans-Christian Schultz-Coulon, coulon@kip.uni-heidelberg.de


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